Patentnummer: 638.249
Bezeichnung: Elektrical Exchange
aufgegeben am: 16. 12. 1895
erteilt am: 05. 12. 1899
Patentnehmer: Alexander E. Keith, Chicago, Illinoise,
  John Erickson, Chicago, Illinoise,
  Charles J. Erickson, Chicago, Illinoise,
Firma: Mitarbeiter der Strowger Telephone Exchange, Chicago, Illinoise

Der direkte Vorläufer der in Deutschland erstmals eingesetzten Wähler, das von den Brüdern John und Charles Erickson und Keith entwickelte Schaltwerk.
John und Charles Erickson nahmen zwar schon längere Zeit Einfluss auf die Entwicklung. Doch nun lernten sie aus den Erfahrungen und den Anforderungen für die Zukunft. Das größte Problem war, die Kapazität zu erhöhen. Sie kamen schnell zu der Erkenntnis, dass es hierzu nötig wäre, mehrere parallel verlaufende Verbin-dungen über die Schaltwelle zu realisieren, und diese zu verlängern. Also musste eine andere Form der Kontaktbank entwickelt werden. Doch schon bei einer Kapazität für einige Hundert von Teilnehmern würde die Schaltwelle unzulässig lang werden. Doch es könnten infolge der Drehbewegung der Schaltwelle 10 verschiedene Teilnehmer erreicht werden.
Am 16. Dezember 1895, nach dem Ausscheiden Almon B. Strowgers, meldeten Keith und die Brüder Erickson ihr neues Schaltwerk unter der Seriennummer 572331 zum Patent an. Am 05. Dezember 1899 wurde es ihnen erteilt.
Nachfolgend eine kurze Beschreibung dieses Patents:
Die neue Bauform des Schaltwerks wird in den Figuren 1 in Vorderansicht und in Figur 2 in Seitenansicht gezeigt. Die neue Kontaktbankform ist in den Figuren 4 bis 8 zu sehen. Die Kontaktbänke bestanden aus mehreren Kontaktreihen, von denen jede zehn Messingstanzstücke enthielt, die auf Isolierstücken aufgesteckt waren. Die Isolierstücke bestanden aus Elektrose (Isolator aus bruchsicherem Kunststoff), einem Material, das den bisher in der Elektrotechnik verwendeten Hartgummi er-setzte. Die Stanzstücke verfügten an ihrem äußeren Ende über einen Haken, in den der Vielfachdraht eingehängt werden konnte. Zehn Kontaktreihen wurden zu einer Kontaktbank zusammengefasst und in einen Rahmen eingeklemmt.
Der Kontaktarm war nun für das Schleifen über ein Kontaktfeld eingerichtet, aber ansonsten den älteren Ausführungen sehr ähnlich. Die Einteilung der Kontaktbänke erfolgte in Gruppen und es wurden mehrere Kontaktarme, die über einen Hilfs-schalter vom Teilnehmer ausgewählt werden konnten, auf der Schaltwelle vorgese-hen. Das Schaltwerk wurde von nun an senkrecht montiert, so dass wir ab jetzt von einer Heb- und einer Drehbewegung sprechen können - der Heb-Dreh-Wähler ward geboren. Führte das Schaltwerk zum Beispiel vier Hebeschritte und 3 Drehschritte aus, kontaktierte der Kontaktarm die Nummer 43 des betreffenden Hunderts. Waren, wie in unserem Beispiel, drei Bankkontaktgruppen vorhanden, konnte sich der Teilnehmer mit den entsprechenden Kontaktarmen mit der Leitung 143, 243 oder 343 in Verbindung setzen.
Die Funktionen der Zahnzylinder 11 und 15, in den Figuren 9.., für die Hebe- und Drehbewegung wurden erweitert. In den Figuren 9.. ist 15 der Drehzylinder. Er sitzt lose auf der Schaltwelle und ist mit einem nach unten gerichteten Stift 15´´ ausge-rüstet. Fest mit der Schaltwelle 9 verbunden ist der Hilfsschalter 18 während die Vorrichtung 17, die ebenfalls fest mit der Schaltwelle verbunden ist, mit dem Stift 15´´ gekuppelt ist. Die unten angeordneten Kontaktarme 22, 22´ und 22´´ sind mit je einem Metallstift 21, die kreisförmig angeordnet auf dem aus Isoliermaterial be-stehenden Korpus des Schalters 18 angeordnet sind, verbunden. Am Drehzylinder 15 ist ein Arm 20 mit einer Bohrung am Ende befestigt.
Die Wirkungsweise des Schaltwerks:
Wird der Drehmagnet von Strom durchflossen, dreht er nicht die Welle um einen Zahn, sondern nur den Drehzylinder 15 und seinen mit ihm verbundenen Arm 20. Am Ende der ersten Impulsserie kommt so das Loch im Arm 20 über dem der An-zahl der Impulse entsprechenden Stift des Hilfsschalters 18 zum stehen. Folgt jetzt die Hebebewegung, gleitet der Stift in das Loch hinein und neben der mechanischen Kopplung zwischen Schaltwelle und Drehzylinder wird eine elektrische Verbin-dung zwischen der Schaltwelle 9 und einem der Kontaktarme wird hergestellt. Stromimpulse für eine Drehbewegung können so die Schaltwelle mit dem Drehzylinder bis zu dem gewünschten Kontakt drehen.

Die Auslösung:
Sie ist im wesentlich der des früheren Systems ähnlich und bedingt ein kompliziertes mechanisches Zusammenwirken der Hebe- und Drehmagnete. Auch hier bilden die Sperrklinken des Dreh- und Hebezylinders eine gemeinsame Einheit.
Aldendorf schreibt zur weiteren Funktion folgendes:
In der Ruhestellung wurden sie durch den Drehmagneten von den Zahnzylindern abgehoben, aber, sobald dieser seine erste Bewegung ausführte, griffen sie in die Fortschaltzähne ein. Bei der Auslösung wurde der Drehmagnet zuerst betätigt, wobei er einen Stift in die Bahn eines auf der Fortschaltklinke für die Hebebe-wegung angebrachten Schwanzstückes brachte. Indem hierbei der Drehmagnet in seiner angezogenen Lage gehalten wurde, wurde jetzt der Hebemagnet betätigt, wobei das eben genannte Schwanzstück hoch ging und die Sperrklinken aus den Zahnzylindern heraushob. Darauf wurde der Drehmagnet losgelassen, wobei er seinen vorgenannten Stift über einen mit den Sperrklinken verbundenen Hebel egte, so dass diese in ihrer herausgehobenen Lage festgehalten wurden. Schliesslich wurde der Hebemagnet losgelassen. Um eine klarere Vorstellung der allgemeinen Wirkungsweise des Schaltwerkes zu gewinnen, wenden wir uns der Schaltung Fig. 15 zu, in welcher die Stromläufe eines Wählers und der damit verbundenen Teilnehmer-station dargestellt sind. Letztere kann irgend ein Induktorapparat sein, der mit denselben Drucktasten ausgerüstet ist, die bei dem Saitensystem benutzt wurden.
Der Hakenumschalter ist so eingerichtet, dass er bei seiner Abwärtsbewegung die Leitungen erdet, öffnet und schließt, um damit die Auslösung zu bewirken.
Die Hebeleitung ist mit dem Körper des Wählers an zwei Stellen verbunden, einmal durch Feder 45 und Anker 42'; andererseits durch den Arbeitsschalter 32. Die für ankommende Anrufe bestimmte eigene Leitung des Schaltwerkes bildet eine Abzweigung der Hebeleitung und ist an die Kontaktbänke geführt. Bei 36 befindet sich ein Nebenschalter einfacher Art, welcher zum Ein- und Ausschalten des Hebemag-neten dient. 35 ist ein Metallstreifen, welcher sich der Feder 36 gegenüber befindet, solange die Welle 9 noch nicht gedreht worden ist. Feder 36 wird in der Ruhelage von 35 durch den Hebel 40 abgehoben, welcher durch die Sperrklinken betätigt wird. Bei 18 befindet sich der Hilfsschalter, dessen Konstruktion und Wirkungsweise bereits
beschrieben ist. Die Drehleitung durchläuft den Drehmagneten und den Magneten 42 und endet dann an dem Minuspol der Batterie B; diese ist die Hauptbatterie, deren Pluspol geerdet ist. Ihr negativer Pol ist mit einer Leitung verbunden, welche die gemeinsame Rückleitung im Amte bildet. Durch diese gemeinsame Rückleitung fliessen alle Läute- und Sprechströme sämtlicher Leitungen, die hier alle untereinander verbunden sind. Der Drehmagnet besorgt nicht nur die Drehung des Hilfsschalters und der Kontaktarme, es sind ihm vielmehr auch noch andere wichtige
Funktionen, welche mit der Geheimschaltung zusammenhängen, zugeteilt. In der Darstellung hat er zwei Anker, obwohl er in Wirklichkeit nur einen besitzt. Die beiden Magnete 41 und 42 betätigen den gemeinsamen Anker 42'. In der Ruhestellung ruht Letzterer gegen den Anschlag 43, der sich auf der Feder 45 befindet, und stellt eine elektrische Verbindung mit ihm her. Wenn Magnet 42 betätigt wird, zieht er 42' gegen
den isolierten Anschlag 44. Der Drehmagnet bewegt 45 durch den isolierten Anker 49. Da der Drehmagnet seinen Strom über den Magneten 42 erhält, wird der Anker 42' bei jedem Impuls heruntergezogen und gleichzeitig die Feder 45 nach links gegen den Kontakt 55 gedrückt. Ehe der Drehmagnet auf die Feder 45 einwirkt, schliesst er den Kontakt 52 - 53. Beim Loslassen des Drehmagneten wird Kontakt 52 - 53 geöff-net.
Will nun ein Teilnehmer einen anderen anrufen, dann wird zuerst der Hunderterknopf H entsprechend oft heruntergedrückt; hierdurch wird die Drehleitung geerdet und der Drehmagnet und Magnet 42 betätigt. Die erste Bewegung des Drehmagneten löst die Sperrklinken aus, welch das Zurückschnellen der Schaltwelle bei der Hebe- und Drehbewegung verhindern. Während die Sperrklinken herunterfallen, lassen sie die Feder 36 mit dem Metallstreifen 35 Kontakt machen.

Die Zusammenwirkung des Drehmagneten und des Magneten 42 übt bis jetzt noch keinen Einfluss aus, und der Drehmagnet bewegt nur den Hilfsschalter 18 bis zu dem Stift 21, welcher dem gewünschten Hundert entspricht.
Beim betätigen des Zehnerknopfes Z wird der Hebemagnet durch einen Strom erregt, der den folgenden Weg nimmt: Von der Erde bei der Teilnehmerstation über die Hebeleitung nach dem Arbeitsschalter 32, durch Welle 9, Metallstreifen 35 nach Feder 36, dann nach dem Hebemagneten, Batterie B und Erde. Bei der nun erfolgenden ersten Aufwärtsbewegung der Schaltwelle wird diese mit dem Drehzylinder 15, in der früher beschriebenen Weise gekuppelt.
Durch Niederdrücken des Einerknopfes E wird nun die Drehleitung geerdet und der Drehmagnet betätigt, der die Welle mit den Kontaktarmen herum dreht. Durch die erste Drehbewegung der Welle wird der Arbeitsschalter 32 geöffnet, ebenso der Kontakt der Feder 36 mit 35. Während der Kontaktarm, mit welchem der Hilfsschalter die Verbindung hergestellt hat, bis zu der gewünschten Nummer herumgedreht wird, streift er über alle dazwischen liegende Bankkontakte anderer Teilnehmerleitungen hinweg. So oft der Drehmagnet anzieht, verbindet er den Magneten 41 durch den Kontakt 52 - 53 mit dem Kontaktarm. Es ist dann ein Stromweg geschaffen von der Batterie E1 durch Magnet 41, Kontakt 52 - 53, Körper 8, Hilfsschalter, Kontaktarm, Bankkontakte der anderen Teilnehmerleitungen, über welche der Kontaktarm hinweggleitet, über die Hebeleitungen nach den Teilnehmerapparaten, Drehleitungen, zurück nach der gemeinsamen Leitung im Amte, welche mit dem andern Pol der Batterie B verbunden ist. Wenn auf den Leitungen, über deren Bankkontakte der Kontaktarm gleitet, nicht gesprochen wird, dann wird der eben genannte Strom nach-einander die Wecker der betreffenden Stationen durchfließen müssen. Die Wecker haben einen Widerstand von 1000 Ohm, so dass der Magnet 41 einen so schwachen Strom erhält, dass er den durch Magnet 42 bereits angezogenen Anker 421 nicht halten kann. Wenn jedoch eine Leitung gerade benutzt wird, dann wird der niedrige Widerstand des Sprechapparates dem Magneten 41 ermöglichen, den Anker 421 solange angezogen zu halten, bis der Drehmagnet die Feder 45 nach rechts zurückkehren lässt. Au diese Weise wird der Anker 421 unter dem Isolierstift 44 gefasst und festgehalten. Hierdurch wird die Hebeleitung an der Feder 45 (Anschlag 43) geöffnet, so dass das Gespräch der bereits sprechenden Teilnehmer nicht mitgehört werden kann. Wird der Kontaktarm zur nächsten Leitung weiter bewegt, so wird, wenn diese unbesetzt ist, die Öffnung der Hebeleitung wieder aufgehoben. Wenn die ge-wünschte Leitung unbesetzt vorgefunden wird, dann ruft der die Verbindung herstel-lende Teilnehmer mittels Induktors die andere Station an.
Aus dem Vorangegangenen geht hervor, dass Feder 45 mit Anker 421 einen Prüfschalter bildet, und dass dieses System Geheimsprechen gewährleistet.

Die Hauptmerkmale dieses Systems:
01. Nun haben wir eine moderne Kontaktbankform, richtungsweisend für die Zukunft.
02. Der Einsatz von Vielfachdrähten führte zu einer Kostenersparnis.
03. Über einen Hilfsschalter und eine Kupplung wird zwischen Hunderter und Einerwahl umgeschaltet.
04. Einführung des vollständigen Geheimsprechens.

Das zuvor beschriebene System ersetzte im Juni des Jahres 1895 das Saitensystem in La Porte, Indiana. Im August des gleichen Jahres wurde eine Einrichtung für 200 Teil-nehmer in Michigan City, Indianer, aufgebaut.
Aber recht bald traten Schwierigkeiten mit den Kontaktbänken auf. Die Elektrose, der Isolierstoff, dehnte sich aus oder krümmte sich. Die Abstände zwischen den einzelnen Kontaktstanzstücken veränderte sich und die Lage der Kontaktreihen war nicht mehr definiert. Es kam logischer Weise zu Falschverbindungen.
Charles J. Erickson konstruierte im November 1895 eine Kontaktbank aus Gips. Dazu entwarf er eine Stahlform, in deren Inneren er die Messingkontaktstücke der einzelnen Kontaktreihen fixierte. Dann wurde die Form mit Gips gefüllt und trocknen lassen. Die Form wurde entfernt und die Kontaktbank in einem mäßig warmen Ofen weiter getrocknet, bis alle Feuchtigkeit entwischen war. Um deren Wiedereintritt zu ver-hindern wurde die Kontaktbank anschließend in Paraffin gekocht, bis sie vollständig durchtränkt war. Durch vorsichtiges Schwabbeln mit Walrosshaut wurden an-schließend die Kontakte gereinigt. Kontaktbänke dieser Bauform wurden bis ca. 1902 genutzt. Die erste Vermittlungseinrichtung mit derartigen Kontaktbänken soll bereits 1896 in Rochester mit einer Kapazität von 200 Leitungen als Ersatz für das bestehende Saitensystem aufgebaut.
Aber auch dieses System konnte die gestiegenen Anforderungen hinsichtlich der Erhöhung der Kapazität nicht erfüllen. Es folgte eine erneute Verbesserung des Systems, siehe Patent Nr. 672.942, angemeldet am 23. Juni 1897 unter der Seriennummer 641.889 und erteilt am 30. April 1901.