Almon Brown Strowger:

Almon B. Strowger wurde am 11. Februar 1839 in Penfield, in der Nähe von Rochester bei New York, als Enkel eines der ersten Siedler, eines Herrn Müller, geboren. Hier verlebte er auch seine Jugend und somit auch seine Schulzeit an der Gemeindeschule, bis er als Freiwilliger in die 8. New Yorker Kavallerie eintrat. Im Verlaufe des amerikanischen Bürgerkriegs nahm er unter anderem auch an der zweiten Schlacht um Bull Run in der Nähe von Manassas in Virginia teil. In der Chronik der Stadt Penfield wird von Katherine Thompson berichtet, dass, wenn Almons Mutter ihren Kindern eine Aufgabe zuwies, Almon
und seine Geschwister stets darum bemüht waren, diese Aufgabe maschinell erledigen zu können. Sowohl Almon B. Strowger als auch sein Bruder William Demison Strowger besuchten die Universität und hatten eine besondere Neigung zu wissenschaftlichen Studien. Nach Kriegsende vollendete Almon B. Strowger seine Studien, sehr stark war sein Interesse an der Mathematik und so widmete er sich dem Lehrerberuf auf dem Land.

Sein Bruder William Demison lies sich in Oswego als Gärtner nieder. Aber auch er be-schäftigte sich mit meist kleineren Erfindungen, so unter anderem eine Bandsäge und diverse landwirtschaftliche Geräte. Der Erfindergeist war also in beiden Brüdern aus-geprägt. Am 03. März 1861 wurde Sohn Walter S. Geboren. Er besuchte zunächst die Gemeindeschule, dann die höhere Schule und schließlich technische Kurse an der Hochschule in Fulten, Illinois. War er zu hause, beschäftigte er sich wie sein Vater mit Erfindungen. Sein Vater gab ihm einen Überblick über seine bisherigen Erfindungen, seine Erfolge aber auch seine Misserfolge und beide überlegten, welchem Problem sie sich in der Zukunft widmen sollten. Das Projekt Luftschiff wurde schnell verworfen, aber die Möglichkeit ein automatisch funktionierendes Fernsprechamt zu konstruieren hielten beide für möglich. So geschehen etwa um das Jahr 1880.
Krankheitsbedingt musste Walter S. Strowger jedoch einer Beschäftigung in frischer Luft im Westen der Vereinigten Staaten suchen. So arbeitete er von 1883 bis 1886 auf einem Gut in Kansas bevor er in die Nähe von Eldorado umzog um dort als Gutsver-walter tätig zu sein. Die Entwicklung eines automatischen Fernsprechamtes schien in weite Ferne gerückt zu sein.
Sein Onkel Almon B. gab in der Zwischenzeit seinen Lehrerberuf auf, siedelte zunächst um nach Topeka in Kansas, wurde Leichenbestatter und ließ sich später in Kansas City nieder.
Mit der Zeit hegte er den Verdacht, dass Telefonistinnen auf dem Fernsprechamt einen anderen Leichenbestatter bevorzugt mit potentiellen Kunden verbinden würden. Er erinnerte sich an das Vorhaben seines Bruders und seines Neffen. Später (1890) soll Almon B. Strowger den folgenden Ausspruch getan haben (frei übersetzt):

„Mein Wettbewerber wird nicht länger alle meine Kunden stehlen können, nur
weil seine Frau eine Bell-Telefonistin ist“.

Almon B. Strowger stellte eigene Überlegungen für den Aufbau eines automatischen Fernsprechamtes an. Nur kurze Zeit später besuchte ihn sein Neffe Walter. Ihm erzählte er von seinen Befürchtungen, seinem Ärger mit den Telefondamen und seinen Plänen. Anhand einer zylindrischen Kragenschachtel, in deren Innerem er kreisförmig angeordnet in Reihen die Anschlussklemmen der Teilnehmer anzuordnen gedachte. Ein mittig auf einer Welle angebrachter Arm könne so die Anschlüsse der einzelnen Teilnehmer mühelos überstreichen und letztendlich den Kontakt herstellen. Almon bat seinen Neffen ihm bei der Entwicklung zu helfen. Nur allzu gerne willigte dieser ein und wohnte fortan im Hause von Almon B. Strowger. In Anbetracht der Erkenntnis, dass das Gerät auf das genaueste ausgeführt werden müsse, bediente sich Strowger eines Uhrmacher aus Wichita, der in Zusammenarbeit mit einer weiteren Hilfskraft für je 5 Dollar am Tag ein Modell mit großem Aufwand und vielerlei Entbehrung entstehen lies. Strowger war bekannt, dass viele sich bereits auf diesem Gebiet versucht hatten, aber ihre Ideen nicht von Erfolg gekrönt waren. Er glaubte, dass diesan der Art der elektrischen Beschaltung läge, und speziell daran, dass die Steuerung der Apparatur bisher lediglich über einen Draht vom Teilnehmer zum Fernsprechamt erfolgte, unter Zuhilfenahme der Erde als Rückleitung. Strowger wollte zunächst so viele Leitungen verwenden, wie nötig wären und deren Anzahl erst später so weit wie möglich verringern, ohne dass das Gerät an Einfachheit verlieren würde.
Am 12. März 1889 war es dann soweit. Unter der Seriennummer 303.027 reichte Almon Brown Strowger das Gesuch auf die Erteilung eines Patentes für ein automa-tisches Fernsprechamt ein, das ihm am 10. März 1891 unter der Nummer 447.918 erteilt wurde. Das erste Modell wurde 1890 fertiggestellt und alsbald im Büro der Kansas und Missourie Telephone Company funktionsfähig ausgestellt. Es arbeitete zufriedenstellend obwohl es noch sehr unvollkommen war und weckte das Interesse des Direktor der Bell-Company vor Ort. Tief beeindruck davon unterbreitete dieser Strowger den Vorschlag, die Erfindung, nachdem Strowger sie weiter verfeinert hätte, für die Bell-Company zu kaufen. Die Erteilung des Patentes lies bedingt durch unsachgemäße Aussagen des Anwaltes von Strowger auf sich warten und wurde, wie bereits berichtet erst knapp sechs Monate, nachdem sich Strowger selbst mit dem Patentamt auseinander setzte und deren Fragen zur Zufriedenheit beantworten konnte, endlich erteilt.
Der Handlungsreisende Joseph Harris erlangte Kenntnis von der Erfindung Strowgers und lud ihn und seinen Neffen nach Chicago ein. Schnell erkannte er die Bedeutung des Gerätes und überredete die Strowgers zum Umzug nach Chicago. Dieser erfolgte 1890. Zu ihnen gesellte sich Moses A. Meyer, ebenfalls ein Geschäftsmann. Harris war die treibende Kraft. Zwischen den vier Beteiligten wurde ein Vertrag geschlossen, der den Bau von zunächst 20 Geräten vorsah, die von Harris und Meyer finanziert werden sollten, später sollte dann daraus eine Gesellschaft entstehen. Am 30. Oktober 1891 gründeten die vier die „Strowger Automatic Telephon Exchange Company“, deren Präsident Moses A. Meyer, Almon B. Strowger war Vizepräsident und Joseph Harris Geschäftsführer. Von nun an galt es Gelder aufzutreiben, um den Traum des ersten automatischen Fernsprechamtes Amerikas in La Porte zu ermöglichen. Harris und Meyer nahmen sich dieser Aufgabe an und sammelten fleißig Spenden. Harris hatte bereits ein Büro im Rookery Building in Chicago. Hier wurde auch das schon in Kansas City gezeigte Modell ausgestellt. Der Arbeitsaufwand wurde bald zu groß, auch weil man sich entschloss die Ausführung des Wählers der Funktionssicherheit zu- liebe zu ändern und es wurde ein Monteur der Chicago Telephone Company engagiert um in der Produktion zu helfen. Dieser war befreundet mit Frank Lundquist, einem Einwanderer aus Schweden, dem wir zu einem späteren Zeitpunkt wieder begegnen werden. Lundquist war gerade zu Besuch in Chicago und war ebenfalls bereit bei der Montage zu helfen. So war es ihm möglich, alle Einzelheiten der Erfindung kennen zu lernen. Aber der Sicherheit wegen gab es wieder eine Änderung des Systems, siehe späteres Patent - Nr. 486.909. Verfügte der hier benannte Wähler über je 100 Kontakte auf den 10 kreisförmig angeordneten Kontaktreihen, so baute man nun in Serie Geräte, die über nur einen Kontaktkranz verfügten. Dem zufolge sparte man sich die Hubbe-wegung. Der Wähler war nun sicher in seiner Funktion. Im Frühjahr 1892 schickte die Brush Electric Company aus Baltimore einen ihrer Ingenieure, Alexander E. Keith nach Chicago, damit auch er das Strowgerprinzip studieren konnte. Keith war aber kurze Zeit später so von diesem System überzeugt, dass er in die Dienste der Strowger Automatic Exchange Company als leitender Ingenieur eintrat. Es wurde die Union Model Works beauftragt weitere 20 Wähler für 60 Dollar das Stück herzustellen. Strowger kam zu dem Schluss, dass dieser Preis ein zu hoher war. Es dauerte fast drei Jahre, ehe der Preis auf 5 Dollar pro Stück gedrückt werden konnte.

Keith war ein Praktiker, der auf dem Gebiet der Produktion große Erfahrung hatte und damit eine Bereicherung für die Strowger Automatic Telefphon Exchange Company war. Einen noch größeren Erfolg des Strowgerwählers wurde aber durch den Umstand verhindert, dass das System zunächst kein Geheimsprechen gewährleistete.
Am 03. November 1892 wurde das erste automatische Fernsprechamt mit einer Kapazität von 99 Teilnehmern mit zunächst 75 angeschlossenen Teilnehmern eröffnet. Später waren 93 Teilnehmer angeschlossen. Das Amt funktionierte einigermaßen zuverlässig, was Briefen einzelner Teilnehmer zu entnehmen war. Mehrere Fern-sprechämter der gleichen Größe und Ausführung wurden gebaut (Albuquerque, New Mexico, Trinidad, Colorado und Amsterdam im Bundesstaat New York. Zum Vergleich: An von Salomon Berditschewsky und Moise Freudenberg erbauten Ein-richtungen waren damals schon bis zu 1000 Teilnehmer in Russland angeschlossen. Ämter für 10.000 Teilnehmer waren geplant. Deshalb sollen im Folgenden lediglich die erwähnten Patente näher beschrieben bzw. aufgeführt werden. Im Hinblick auf die Geschichte der automatischen Vermittlungstechnik spielt das Strowgerprinzip aber keine Rolle.
In der Folge änderte die Strowger Automatic Telephon Exchange mehrfach ihren Namen. Die beschäftigten Ingenieure reichten unter ihren eigenen Namen mehrere Patente ein, da sie den Gedanken Strowgers eigenständig vervollkommnen wollten. Almon B. Strowger selbst zog sich krankheitsbedingt immer mehr zurück, schied 1896 endgültig aus der Firma aus, siedelte nach St. Petersburg in Florida um und ging wieder einer Arbeit als Leichenbestatter nach. Er verkaufte seine Patente für 1.800 $ sowie zwei Jahre später (1898) für 10.000$ auch seinen Firmenanteil an die in der Zwischenzeit in „Automatic Electric Company“ umbenannte Gesellschaft.
Almon B. Strowger starb im Alter von 62 Jahren am 26. Mai 1902 und wurde im Greenwood Cemetery im historischen Park Roser beerdigt. Dreiundvierzig Jahre nach seinem Tod setzten ihm Repräsentanten diverser Telefongesellschaften ein Denkmal in Form einer Bronzetafel, die an seinem Grab angebracht wurde. Die Tafel erinnert an seine Erfindung. 1965 wurde Strowger in die Ruhmeshalle der U.S. Independent Telephone Association aufgenommen. Seine Witwe Susan (geboren 1846) musste erleben, dass Strowgers Patente 1916 für 2,5 Millionen Dollar gehandelt wurden. Sie starb am 14. April 1921 in Tampa, Florida.