| Um festzustellen, ob für Berlin 
						ein Bedürfnis vorhanden ist, die Wohnungen, 
						Geschäftslokale, Fabrikanlagen p. p. solcher Personen, 
						die sich des Fernsprechers als Verkehrsmittel bedienen 
						wollen, in entsprechende Verbindung zu bringen, und 
						jedem Teilnehmer die Möglichkeit zu gewähren, sich zu 
						jeder Zeit mit jedem anderen Teilnehmer mittels des 
						Fernsprechers ins Vernehmen zu setzen, werden diejenigen 
						Personen, die eine Einrichtung der vorstehend erörterten 
						art wünschen sollten, hierdurch aufgefordert, sich 
						deshalb schriftlich oder während der Dienststunden von 9 
						Uhr vormittags bis 3 Uhr nachmittags persönlich an das 
						Telegraphenbetriebsbureau des Reichs- Postamts, 
						Französische Straße 33e, Zimmer 149, zu wenden, das die 
						nähere Auskunft über die Einrichtungen und über die 
						Bedingungen der Teilnahme erteilen wird.  Der Staatssekretär 
						des Reichs – Postamts.“ Mit 
						der technischen Ausführung des Baues betraute das Reichs 
						– Postamt einen in der Herstellung von 
						Telegraphenanlagen wohlerfahrenen Reichs – Postbeamten 
						(Telegraphensekretär Hackethal in Berlin). Die obere 
						Leitung der Bauarbeiten lag in den Händen des Geheimen 
						Postrats im Reichs – Postamt Ludewig. Außerhalb der 
						Verwaltung stehende Personen hatten somit bei diesen 
						technischen arbeiten nicht mitzureden. Von 
						jener Bekanntmachung allein versprach sich nun Stephan, 
						angesichts der auf diesem Gebiete bisher gesammelten 
						Erfahrungen, keinen hinreichenden erfolg. Es erschien 
						ihm notwendig, dass das kaufmännische Berliner Publikum 
						zur Betätigung eines wirklichen Interesses für die Sache 
						noch besonders bearbeitet wurde. Das Reichs – Postamt 
						ersuchte deshalb unterm 1. Juli 1880 die Ältesten der 
						Kaumannschaft von Berlin um Namhaftmachung einer 
						Persönlichkeit, die für eine derartige, gegen Entgelt 
						auszuübend Agententätigkeit geeignet erschien, also auch 
						unter den Berliner Firmen bescheid wusste. Die Ältesten 
						schlugen dem Reichs – Postamt unterm 26. Juli 1880 zwei 
						Berliner Herren hierfür vor. Der eine davon war der 
						Ingenieur E. Rathenau, Eichhornstraße 5. Das Reichs – 
						Postamt trat mit beiden durch einen seiner vortragenden 
						Räte in Verhandlung, die dahin führte, dass Emil 
						Rathenau die gedachte Tätigkeit auf vorläufig 
						unbestimmte Zeit übernahm. In mehrfacher Hinsicht 
						bemerkenswert ist der nachstehend hier erstmalig 
						veröffentlichte Wortlaut eines Briefes, den Rathenau 
						damals, während mit ihm noch verhandelt wurde, an jenen 
						Referenten des Reichs – Postamts richtete.  „Berlin W, 
						Eichhornstraße 5, den 19. August 1880. Herrn Geheimen Oberpostrat 
						Krüger hier.   Bezugnehmend auf die 
						Unterhaltung, die ich mit Ew. Hochwohlgeboren am 
						Dienstage zu führen die Ehre gehabt habe, ferner auf das 
						gefällige Schreiben des Herrn Geheimrat Ludewig vom 5. 
						a. e., kann ich meinen ergebenen Dank für das mir durch 
						die bezügliche Offerte erwiesene Vertrauen hierdurch 
						auszusprechen nicht unterlassen. 
						Wiewohl es mir zur hohen ehre gereichen würde, unter den 
						Auspizien der Reichs – Postverwaltung meine Tätigkeit 
						dem Unternehmen zu widmen, dem ich seit Jahren meine 
						Studien und Sympathien zugewandt habe, so möchte ich 
						doch zu bemerken mir gestatten, dass die Stellung eines 
						Agenten, lediglich zur Ermittlung von Teilnehmern für 
						die allgemeine Fernsprechanlage in Berlin, meinen 
						Neigungen und vielleicht auch Fähigkeiten weniger 
						entsprechen würde als die eines Vertreters, welche die 
						bezüglichen Vorfragen und Verhandlungen mit dem Publikum 
						so zu erledigen gestattet, dass der Abschluss der 
						Verträge ohne weiteres erfolgen könnte. 
						Meiner unmaßgeblichen Meinung nach würde dadurch 
						erheblich nicht nur an Zeit und Mühen gespart, sondern 
						die Sache selbst wesentlich gefördert und das Vertrauen 
						des Publikums zu einem fachmännisch gebildeten Vertreter 
						gestärkt. Denn wiewohl ich nicht zweifle, dass meine 
						bisherigen Beziehungen zur Bank- und Handelswelt mir 
						nicht weniger die Wege bahnen werden als meine vielen 
						Verbindungen mit hervorragenden Industriellen aus der 
						Zeit meiner Tätigkeit als Inhaber der Maschinenfabrik M. 
						Weber, hier, und obgleich ich ferner voraussetzen darf, 
						dass meine Erfahrungen als Ingenieur auf dem in Rede 
						stehenden Gebiete nicht ohne Nutzen für meine 
						Bestrebungen bleiben werden, so verhehle ich mir nicht, 
						dass die Einwohner unserer Stadt neuen Einrichtungen 
						gegenüber stets ungewöhnliche Kälte bewahrt haben, und 
						dass auch das neue Unternehmen in den nächsten Jahren 
						Schwierigkeiten nach dieser Richtung zu begegnen haben 
						wird, welche eine vertrauenerweckende Stellung leichter 
						zu überwinden vermag. Sollten übrigens Garantien für 
						Erfüllung der zu erweiternden Befugnisse wünschenswert 
						sein, so bi ich gern bereit, Sicherheiten zu bestellen. 
						Hinsichtlich einer für meine Bemühungen zu gewährenden 
						Entschädigung enthalte ich mich jedes Antrages, stelle 
						dieselbe vielmehr dem gefälligen Ermessen der Reichs – 
						Postverwaltung anheim. Sollte aber meine Mitwirkung nur 
						vorübergehend oder für einen verhältnismäßig kürzeren 
						Zeitraum beansprucht werden, so würde ich unter Verzicht 
						einer Entschädigung es als Ehrensache betrachten, an der 
						Förderung eines Unternehmens mitgewirkt zu haben, 
						welches segensreich für die Entwicklung des 
						hauptstädtischen Verkehrs werden wird. Ew. 
						Hochwohlgeboren ergebener            
						 gez. Emil 
						Rathenau.“     Aus 
						diesem Schreiben geht hervor, dass Emil Rathenau, der 
						damals schon seit mehreren Jahren nach außen hin untätig 
						in Berlin lebte, gern auf das ihm gemacht Anerbieten 
						einging, obwohl es auch auf der von ihm gewünschten 
						erweiterten Grundlage, die das Reichs – Postamt ihm 
						bereitwillig zugestand, organisatorische oder andere 
						bedeutend Aufgaben nicht in sich schloss: Bei Rathenaus 
						Tätigkeit kam es darauf an, dass er durch persönliche 
						Einwirkung in den ihm nahestehenden kaufmännischen 
						Kreiden in Berlin für eine Beteiligung am 
						Stadtfernsprechverkehr weitere Stimmung machte, dass er 
						die für ein Abonnement gewonnenen Personen ein ihm von 
						der Postverwaltung geduckt geliefertes Vertragsformular 
						unterzeichnen ließ und dass er den Interessenten 
						außerdem an der Hand der im Reichs – Postamt 
						ausgearbeiteten „allgemeinen Bedingungen für die 
						Benutzung der Stadtfernsprecheinrichtung“ sachgemäße 
						Auskünfte erteilte. Damit 
						sich Emil Rathenau bei seiner Tätigkeit als Beauftragter 
						der Reichs – Postverwaltung jederzeit ausweisen konnte, 
						versah ihn das Reichs – Postamt mit einer Vollmacht 
						nachstehenden Inhalts: „Berlin W, den 6. 
						September 1880.   Vollmacht. Herr Emil Rathenau, 
						Eichhornstraße 5, hierselbst, wird hierdurch ermächtigt, 
						wegen Benutzung der Fernsprechanlagen, welche von der 
						Reichs – Postverwaltung für Berlin angelegt werden, mit 
						den Teilnehmern aus dem Kreise des Publikums die 
						erforderlichen Verhandlungen zu führen und die 
						entsprechenden Verträge, vorbehaltlich der diesseitigen 
						Genehmigung, abzuschließen.                                                                                                               
						Reichs – Postamt II. Abteilung                                                                                                                
						gez. Budde.“   Neben 
						diesen Arbeiten übernahm es Emil Rathenau einige Monate 
						später, im Auftrage des Reichs – Postamts mit den 
						Ältesten der Kaufmannschaft von Berlin, vertreten durch 
						den Geheimen Kommerzienrat W. Herz, die allgemeinen 
						Bedingungen zu erörtern, unter denen Börsenbesuchern 
						während der Börsenzeit der Fernsprechverkehr mit 
						Teilnehmern an der Berliner Stadtfernsprecheinrichtung 
						gestattet werden sollte. Nachdem die Bedingungen 
						festgelegt worden waren, teilte Emil Rathenau sie den 
						Börsenbesuchern durch Rundschreiben mit. Bis April 1881, 
						wo dieser Sprechverkehr ins Leben trat, hatten sich 
						ganze 26 Börsenbesucher als Teilnehmer gemeldet. 
						Darunter befanden sich 22 Firmen und Bankhäuser und 3 
						Zeitungen (Rudolf Mosse – Berliner Tageblatt, National – 
						Zeitung und Berliner Börsenkurier). In 9 von dem 
						Ältestenkollegium hergerichteten Sprechzellen wurde der 
						Verkehr in der Börse abgewickelt. (Die erste öffentliche 
						Sprechstelle kam ein Jahr später dort in Betrieb.) Man 
						sieht hieraus, wie zurückhaltend sich selbst die 
						Berliner Börsenwelt der neuen Verkehrseinrichtung 
						gegenüber verhielt, solange sich die Anlage noch nicht 
						im Betriebe befand. „Eine beträchtliche Steigerung der 
						Börsenverbindungen wird erst zu erwarten sein,“ – 
						schrieb Emil Rathenau im Dezember 1880 an den Geheimen 
						Oberpostrat Ludewig „wenn durch bessere Kenntnis 
						herrschende Vorurteile auch in diesen Kreisen besiegt 
						sind.“ „Richtig“, schrieb Stephan, den Ludewig diesen 
						Brief Rathenaus vorgelegt hatte, als Randvermerk dazu. Auch 
						die Anmeldungen aus dem Berliner Publikum für die 
						geplante allgemeine Stadtfernsprecheinrichtung gingen 
						nicht minder spärlich ein, trotz der Werbetätigkeit 
						Rathenaus und nicht zuletzt auch der persönlichen 
						Bemühungen Stephans, in den kaufmännischen Kreisen der 
						Reichshauptstadt, mit denen den volkstümlichen 
						Generalpostmeister vielseitige Beziehungen verknüpften, 
						Abonnenten zu gewinnen. Nur „mit sanfter Gewalt bewog er 
						einige Häupter von führenden Bankhäusern und 
						industriellen Firmen Berlins, ihre Teilnahme na der 
						Berliner Fernsprechanlage zu erklären, was unter 
						Kopfschütteln und mehr aus Gefälligkeit als aus 
						Überzeugung von den etwa zu erwartenden Vorteilen 
						geschah“. Als die eine der beiden für Berlin 
						vorgesehenen Vermittlungsanstalten am 12. Januar 1881 in 
						dem Telegraphendienstgebäude, Französische Straße 33c, 
						zunächst versuchsweise in Betrieb genommen wurde, hatte 
						sie, sage und schreibe, 8 Teilnehmer. Es waren das die 
						Mitteldeutsche Kreditbank, Bankgeschäft Jacob Landau, 
						der Geheime Kommerzienrat G. von Bleichröder, die 
						Direktion der Diskontogesellschaft, die Deutsche Bank, 
						die Direktion der Großen Berliner Pferdeeisenbahn – 
						Aktiengesellschaft, Bankgeschäft Karl Schlesinger – 
						Trier (Behrenstraße 20) und Cäsar Wollheim (Kohlen und 
						Metalle). In Berliner Zeitungen wurde damals auf dieses 
						„Ereignis“ mit folgenden, unter den tatsächlich 
						obwaltenden Verhältnissen uns jetzt etwas heiter 
						stimmenden Worten hingewiesen: „Mit jedem neuen 
						Anschluss mehrt sich der Nutzen und die Bedeutung der 
						allgemeinen Fernsprechanstalt auch für den einzelnen 
						Teilnehmer. Da die Fernsprechzentrale vom Augenblicke 
						der Inbetriebsetzung an zur großen Befriedigung der an 
						sie Angeschlossenen arbeitet, haben sich sogleich 
						mehrere Personen und Geschäftshäuser weiter als 
						Teilnehmer in die Listen der Reichs – 
						Telegraphenverwaltung eintragen lassen.“ Das 
						erste Berliner Teilnehmerverzeichnis erschien März 1881, 
						als die Inbetriebnahme der ganzen Anlage bevorstand. Da 
						es nur 48 Teilnehmer, einschließlich der 9 
						Börsensprechstellen, umfasste, war es noch in 
						Metalldruck hergestellt und bestand aus 4 halben 
						Bogenseiten. Außer den schon genannten 8 Teilnehmern 
						gehörten zu diesen ersten Abonnenten: Bankgeschäft 
						Gebrüder Arons, Ferd. Vogts & Cie. 
						(Zimmereinrichtungen), Geh. Kommerzienrat Liebermann, 
						Rathenau & Arnheim (Tuch und Buckskinen gros), L. & S. 
						Abraham (Gardinen und Möbelstoffe), Julius Isaac 
						(Fischbei- und Rohrfabrik), Maschinenbauanstalt Karl 
						Beermann, Bankgeschäft Goldstein, Pintus & Co., Brasch & 
						Rothenstein (Spedition), Verlag der National – Zeitung, 
						Siepermann (Direktor der Internationalen Eisenbahn – 
						Schlafwagengesellschaft), Bankgeschäft Mendelsohn & 
						Cie., Bank für Handel und Industrie, Bankgeschäft S. 
						Frenkel, Zeitungsverlag des Berliner Börsenkuriers, 
						Bankgeschäft Rob. Warschauer & Co., Bankgeschäft Cohn 
						Bürgers & Co., Gebr. Buhlmann (Posamentierwaren), 
						Goschenhofer & Rösicke (Wäsche), Dossische Zeitung, 
						Adolf Salomon & Co. (Leder und Produkte), Buchdruckerei 
						H. S. Hermann, I. Ravené Söhne & Cie. Herrmann Berson, 
						Treu & Auglisch, Hofbuchdruckerei W. Möser, Verlag 
						Rudolf Mosse (Berliner Tageblatt), Ingenieur E. 
						Rathenau, Kühl & Rösicke (Passementerie) sowie das 
						Reichsamt des Innern und die Reichsdrucker. Mit 
						diesem Teilnehmerkreise wurde die Berliner 
						Stadtfernsprecheinrichtung am 1. April 1881 endgültig 
						eröffnet. Es hatte Stephan, der Postverwaltung und 
						Rathenau, von dem über 1000 im Reichs – Postamt im Druck 
						hergestellte Werbeschreiben losgelassen worden waren, 
						wirklich Mühe gekostet, die kleine Schar, der sich 
						Rathenau selbst noch mit anschloss, zusammenzubringen. 
						Auch der technische Bau der Anlage war mit 
						Schwierigkeiten verknüpft gewesen. Diese entsprangen 
						mangelndem Entgegenkommen einzelner, nämlich der 
						Besitzer der Häuser, bei denen sich die Notwendigkeit 
						ergab, auf dem dache Stützpunkte für die darüber 
						hinwegführende Drahtleitung anzubringen. Die 
						Widerstände, die hierbei in Berlin im Gegensatze zu 
						andern Orten, wie Mülhausen (Elf.) und Hamburg, 
						überwunden werden mussten, waren teilweise so groß, dass 
						trotz der vorläufig so geringen Ausdehnung der Berliner 
						Fernsprechanlage drei Telegraphenbaubeamte damit zu tun 
						hatten, um von jenen Hausbesitzern die erforderlichen 
						Zustimmungserklärungen zu erlangen. Der damit verknüpfte 
						Aufwand an Zeit und Mühe wäre noch größer gewesen, wenn 
						nicht der Berliner Magistrat durch eine Bekanntmachung 
						in seinem Kommunalblatte sein reges Interesse für das 
						neue Unternehmen bekundet und die Bezirksvorsteher 
						ausdrücklich aufgefordert hätte, den Hausbesitzern 
						klarzumachen, dass ihrerseits dem gemeinnützigen Zwecke 
						der Verkehrsanlage durch möglichste Willfährigkeit am 
						besten gedient werde. Die Stadt Berlin war außerdem so 
						entgegenkommend, bei sämtlichen städtischen Gebäuden die 
						Aufstellung von Leitungsstützpunkten bedingungslos zu 
						gestatten. Kaum waren dann bis Frühjahr 1881 die 
						Stützpunkte für die ersten Fernsprechleitungen angelegt 
						worden, als der weiteren Ausbreitung des 
						Fernsprechnetzes in der Reichshauptstadt ein neues 
						Hindernis erstand. Das war die Blitzgefahr. Hatten die 
						Hausbesitzer, als ihnen die Zustimmungserklärungen von 
						der Postbehörde während des Winters abgerungen wurden, 
						daran noch nicht gedacht, so trat sie ihnen jetzt um so 
						lebendiger vor Augen, zumal Leute, die von der Sache in 
						Wirklichkeit nichts verstanden, in wissenschaftlich 
						gefärbten Aufsätzen von den Fernsprechgestängen auf den 
						Dächern zu orakeln wussten, dass sie bei Gewittern 
						geradezu eine Gefahr für die Häuser bedeuteten. So zog 
						sich bei den Berliner Hausbesitzern eine schwere Wolke 
						des Unmuts zusammen, die ihren entschiedensten Einspruch 
						gegen die bereits aufgestellten oder weiter geplanten 
						Dachstützpunkte der Fernsprechleitungen auslöste – bis 
						das erste große Gewitter Mitte Juni 1881, das über 
						Berlin niederging, auch hier sine reinigende Wirkung 
						ausübte. Selbst die stärksten elektrischen Entladungen 
						ließen die gesamte oberirdische Stadtfernsprechanlage 
						unberührt, und es zeigte sich, dass sie mit ihren 
						eingebauten, zur Erde führenden Blitzableitungen statt 
						gefahrbringend zu wirken, im Gegenteil einen Schutz 
						gegen die Blitzgefahr bildete. Mit dieser Erkenntnis war 
						für die Entwicklung der Berliner Stadtfernsprechanlage 
						nunmehr freie Bahn geschaffen. Noch gerade zur rechten 
						Zeit. Denn mit so kritischen Augen auch das Berliner 
						Publikum selbst noch die Vorbereitungen für die 
						Herrichtung der Anlage betrachtet hatte – nun, wo sie im 
						Gange war und dank ihrer gediegenen Ausführung vom 
						ersten Tage an einwandfrei arbeitete, wurde man sich der 
						Vorzüge, die sie bot, plötzlich in einem Maße bewusst, 
						dass die Postverwaltung alle Hände voll zu tun bekam, um 
						die sich meldenden neuen Teilnehmer anzuschließen. Als 
						Ende Juni 1881, wo sich die Zahl der Abonnenten 
						inzwischen bereits verdreifacht hatte, an einem Tage 
						über 400 Verbindungen in Berlin ausgeführt worden waren, 
						schrieb die Dossische Zeitung (in ihrer Nummer vom 2. 
						Juli) hierzu folgendes: „Welche Leistung hierin 
						enthalten ist, wird leicht übersehen. Rechnet man jede 
						verbundene Leitung im Durchschnitt nur 1 ½ km lang – in 
						Wirklichkeit sind deren bis 13 km Länge vorhanden -, so 
						werden durch 400 Verbindungen 2 x 1200 = 2400 km 
						Botengänge (hin und zurück) erspart. Nimmt man die 
						Tagesleistung eines Boten auf 24 km an, so wird demnach 
						die Dienstleistung von 100 Boten entbehrlich, die 
						indessen auf den ganzen Tag verteilt werden müsste, 
						während der Hauptfernsprechverkehr auf die Stunden von 9 
						– 2 Uhr fällt. Die Hauptsache bleibt aber für die 
						Teilnehmer die Zeitersparnis. Diese beträgt für 2400 km 
						täglich bei rund 15 Minuten Zeitaufwand für 1 km nicht 
						weniger als 600 Stunden! Von welchem Vorteil es außerdem 
						ist, im unmittelbaren mündlichen Verkehr die bei 
						Bestellungen durch andere und bei flüchtigen Notizen 
						sonst vorkommenden Irrtümer und Missverständnisse 
						vermeiden zu können, vermag nur der Beteiligte im ganzen 
						Umfange zu ermessen.“ Der Verfasser dieser Notiz hätte 
						zur Vervollständigung der Vorzüge des neuen Berliner 
						Verkehrsmittels unbedenklich auch noch dessen Billigkeit 
						mit anführen können angesichts der Höhe des 
						Jahresabonnements in anderen Ländern. Denn während der 
						Teilnehmer in Frankreich (ausschließlich Paris) 400 
						Franken = 320 Mark und in Paris selbst 600 Franken – 480 
						Mark, in England 450 bis 500 Mark und in New York sogar 
						1060 Mark) bei einer bis 2 km langen Anschlussleitung zu 
						zahlen hatte, verlangte die Reichspost dafür nur 200 
						Mark. Die 
						technischen Anlagen der jungen Berliner 
						Stadtfernsprecheinrichtung zogen alsbald die 
						Aufmerksamkeit anderer Verkehrverwaltungen auf sich. 
						Schon in den beiden ersten Betriebsmonaten kamen u. a. 
						aus Belgien, Frankreich und Ägypten höhere Fachbeamte 
						und Ingenieure nach Berlin, um die Bauausführung sowie 
						die Einrichtung der Sprechstellen und der 
						Vermittlungsanstalten eingehend zu studieren. Die 
						Sprechstellen der Teilnehmer waren mit zwei patentierten 
						Siemensschen Fernsprechern ausgestattet, von denen der 
						eine zum Hören, der andere zum Heben diente. Bei jedem 
						Teilnehmer war außerdem ein Klingelweckerwerk 
						aufgestellt, das sich selbsttätig ein- und ausschaltete. 
						In der Fernsprechvermittlungsstelle stand jede der 
						eingeführten Anschlussleitungen mit einer 
						Signalvorrichtung in Verbindung. Diese brachte beim 
						Anruf eines Teilnehmers ein elektrisches Läutewerk zum 
						Tönen und ließ gleichzeitig dessen Teilnehmernummer in 
						die Erscheinung treten. Die einzelnen 
						Signalvorrichtungen waren, zu je 50 zusammen, in einem 
						schrankartigen Behältnis untergebracht (Klappenschrank). 
						Durch besondere Umschaltevorrichtungen war dafür 
						gesorgt, dass die an zwei verschiedene Klappenschränke 
						herangeführten Teilnehmerleitungen sowohl innerhalb 
						derselben Vermittlungsanstalt als auch zwischen 
						verschiedenen Vermittlungsanstalten miteinander 
						verbunden werden konnten). Noch 
						im ersten Betriebsjahre (1881) mussten infolge ständiger 
						Zunahme der Teilnehmerzahl neben den beiden vorhandenen 
						Vermittlungsanstalten (Französische Straße 33c und 
						Mauerstraße 74) zwei weitere (Französische Straße 35 und 
						Köpenicker Straße 122) eingerichtet werden. Sie befanden 
						sich sämtlich in reichseigenen Postgebäuden. Die erste 
						öffentliche Fernsprechstelle wurde in Berlin am 15 
						August 1881 beim Postamt 64 (Unter den Linden) eröffnet.Mit dem Zeitpunkt der endgültigen Inbetriebnahme der 
						Berliner Stadtfernsprechanlage legte das Reichs – 
						Postamt den weiteren Ausbau und die Betriebsleitung in 
						die Hände der Berliner Oberpostdirektion. Der Ingenieur 
						Emil Rathenau, der bis dahin in einem Zimmer des 
						Telegraphendienstgebäudes Französische Straße von 10 – 
						12 Uhr vormittags Sprechstunden für das Publikum in 
						Fernsprechsachen abgehalten hatte, setzte dies und die 
						von ihm betriebene Gewinnung von Teilnehmern nur noch 
						für kurze Zeit weiter fort. Anfang Juni 1881 legte er 
						nach insgesamt neunmonatiger Betätigung seine Geschäfte 
						nieder, weil die neue Verkehrsanlage fortan einer 
						besonders für sie wirkenden Werbearbeit nicht mehr 
						bedurfte. Als derselbe Emil Rathenau als Generaldirektor 
						der Allgemeinen Elektrizitätswerke in Berlin am 20.Juni 
						1915 das Zeitliche gesegnet hatte, unterließ der 
						Staatssekretär des Reichs – Postamts Kraetke nicht, in 
						dem längeren Beileidstelegramm, das er an die A. E. G. 
						richtete, auch jener weit zurückliegenden Tätigkeit 
						Rathenaus zu gedenken, was mit den Worten geschah: „sein 
						Name ist verknüpft mit der ersten Einführung des 
						Fernsprechers in Deutschland.“ |